|
RE: Billardzimmer | Bibliothek
in Schloss der Rumänen 05.09.2014 19:39von Jocelyn Romanian • 49 Beiträge
Nach einem kurzen Rundgang durch den Garten hatte sie sich auf den Weg in ihr Lieblingszimmer im Schloß gemacht und schloß nun hinter sich Tür. Immer wieder aufs Neue genoß sie den Anblick, der sich ihr hier bot. Als sie diesen Raum zum ersten Mal gesehen hatte, da fühlte sie sich wie im Himmel. Schon immer waren Bücher und damit gute Geschichten ihre Passion gewesen. Hier gab es sie in Hülle und Fülle. Die Regale erstreckten sich vom Boden bis hinauf zur Decke und waren gefüllt. Deckenhohe Leitern erleichterten das Herankommen an die höher gelegenen Regale, auch wenn sie darauf nicht angewiesen war. Eine gemütliche Sitzecke mit Sesseln und Sofas an den ersten beiden Fenstern vervollständigte den Raum, zusätzlich zu einem neueren Amusement, dem Billardtisch. Wer diesen Raum einmal geplant und eingerichtet hatte, der wusste, worauf es ankam und hatte damit voll und ganz ihren Geschmack getroffen.
Langsam schritt sie die Regalreihen ab, die die Hälfte des großes Raumes einnahmen, bis sie das Regal fand, das sie suchte. Sie bog in den kleinen Zwischenraum ein und war nun zu beiden Seiten von Büchern umgeben. Nach wenigen Schritten fand sie schließlich auch den kleinen Zwischenraum, der entstanden war, als sie das von ihr gerade beendete Buch herausgezogen hatte. Sie reichte nicht bis dort oben, doch sie holte sich auch keine Leiter zur Hilfe. Sie hob das Buch in ihrer Hand auf Augenhöhe, konzentrierte sich einen Moment und ließ die Hand sinken. Wie von Zauberhand schwebte das Buch vor ihr in der Luft und sie lächelte. In Momenten wie diesen war ihre Gabe wirklich überaus praktisch. Langsam hob sie ihren Kopf und ihren Blick und das Buch folgte ihr, bis sie es präzise an die Stelle manövriert hatte, in die es gehörte. Nach einem letzten Blick auf das Regal vor sich, wand sie sich um und verließ den Gang.
Ihre Gabe hatte sich schon früh in ihrer Kindheit gezeigt. Schwach und noch nicht kontrollierbar, aber sie war da. Wenn sie wütend war, wie es kleine Kinder oft sind, wenn sie nicht das bekommen, was sie möchten, trat sie am Häufigsten auf. Sie wusste nicht, was da um sie herum geschah und auch nicht, dass sie der Auslöser war. Sie hatte genau soviel Angst gehabt, wie ihre Eltern. Ihre Mutter hielt sie sogar für den Teufel. Es war eben nicht normal und zu den damaligen Zeiten waren die Menschen noch voller Aberglauben und irrwitziger Ideen. Je älter sie wurde, desto häufiger passierten diese Dinge und ihre Eltern wussten keinen anderen Rat, als sie zu den schönen und auch gleichzeitig grausamen Dämonen zu bringen, die nicht weit von ihrem Dorf entfernt auf der Burg lebten. Jo hatte Geschichten von Menschen gehört, die nie wieder zurückkehrten und sie hatte den gesamten Weg über geweint und gebettelt, ihre Eltern mögen sie wieder mit nach Hause nehmen. Doch es gab kein zurück. Sie erinnerte sich genau, wie Stefan ihr das erste Mal tief in die Augen sah und mit fast schon einlullender Stimme auf sie einredete, sie müsse keine Angst haben. Aber seine Augen...sie waren blutrot gewesen und sie hatte so unglaublich viel Angst. Sie kniete auf dem Boden vor ihm, die Hände vor die Augen geschlagen und schüttelte wild den Kopf hin und her. Sie wollte nicht dort sein, sie wollte bei ihren Eltern sein. Sie wollte nicht sterben, sie wollte leben! Und plötzlich hörte sie nur aufgeregtes Gemurmel um sich herum und wieder Stefans butterweiche Stimme, die sie dazu aufforderte, die Augen zu öffnen und ihn anzusehen. Er versicherte ihr, dass ihr nichts passieren würde und schließlich öffnete sie vorsichtig die Augen und im nächsten Moment gab es einen ohrenbetäubend Knall. Der schwere Tisch zu ihrer linken war wieder auf dem Boden angekommen. Dieser Moment, ihre Gabe, hatte ihr damals das Leben gerettet und dafür gesorgt, dass sie von einem Menschen zu einem Vampir wurde.
Kurz schüttelte sie den Kopf. Es waren schmerzhafte Erinnerungen. Sie konnte ihren Eltern ihre Entscheidung nicht verübeln, über die Jahrhunderte hatte sie damit Frieden geschlossen, doch vergessen konnte sie sie nicht. Sie wand sich von dem Regal ab und ließ ihren Blick über ein anderes schweifen. Sie suchte sich ein Buch auf Augenhöhe aus, nahm es und machte es sich damit in der kleinen Sitzecke gemütlich.

RE: Billardzimmer | Bibliothek
in Schloss der Rumänen 15.09.2014 09:13von Jocelyn Romanian • 49 Beiträge
Jo sah von ihrem Buch auf. Der Geruch der ihr da entgegenwehte sagte ihr, dass Darren wieder nach Hause gekommen war. Und er war nicht allein. Für wen er den Hund wohl mitgebracht hatte? Wahrscheinlich für Isabella. Es sei denn, er hatte ihn für sich selbst als kleinen Snack gedacht, was sie aber eher unwahrscheinlich fand.
Es war ihr schon immer ein Rätsel gewesen, warum Darren von Zeit zu Zeit einfach seine sieben Sachen packte und für eine Weile verschwand. Gut, gefragt hatte sie ihn auch noch nicht wirklich nach seinen Gründen, denn in der Regel bekam man von ihm nur eine oberflächliche Antwort. Es wirkte immer, als wäre er nicht ganz ehrlich und wollte jeden ein wenig auf Abstand halten und irgendwann fragte man dann eben auch nicht mehr nach. Vielleicht würde sie es irgendwann noch einmal versuchen oder ihn gar zu einer ehrlichen Antwort zwingen.
Als sie noch mit dem Gedanken spielte, Darren zu begrüßen hörte sie die unverwechselbaren Schritte von Isabella über den Flur schleichen. Sie war also mal wieder unterwegs gewesen und das auch noch allein. Dieses Mädchen schien wirklich einen Todeswunsch zu haben. Aber das Verbotene reizte natürlich immer nur noch mehr. Im Moment konnten sie einfach nur von Glück sagen, dass sie nicht unter zu genauer Beobachtung der Volturi standen. Sollte das jedoch wieder der Fall werden, müssten sie Isa wohl anketten. Immerhin wollte der italienische Abschaum ihren Tod und das stand ja mal so überhaupt gar nicht zur Debatte.
Jo gab sich einen Ruck, legte das Buch auf den kleinen Tisch neben sich und war in wenigen Schritten an der Tür. Sie wollte zwar auch nicht wie das fünfte Rad am Wagen in die Begrüßung bei Darren und Isabella reinplatzen, aber zumindest mal schnell hallo sagen. So verließ sie die Bibliothek und folgte den Stimmen.


![]() 0 Mitglieder und 2 Gäste sind Online Besucherzähler Heute waren 16 Gäste online. |
![]()
Das Forum hat 574
Themen
und
2878
Beiträge.
Heute waren 0 Mitglieder Online: |
![]() | Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen |